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Mein Partner spricht nicht mit mir!

Mein Partner spricht nicht mit mir!

Eines der häufigsten Themen, warum Paare in eine Paarberatung kommen ist, dass einer oder beide Partner der Meinung sind "Mein Partner spricht nicht mit mir!".

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„Sprecht mehr miteinander“ – dies ist der Standardsatz in vielen Paarberatungen und -ratgebern, Partner-Blogs und Artikeln über Paarbeziehungen. Auch ich habe in meinen Beiträgen schon darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, miteinander zu sprechen. Denn nur dann kann der Partner wissen, was in einem vorgeht, welche Bedürfnisse und Wünsche jeder der Partner hat.

Schweigen in einer längeren Partnerbeziehung ist allerdings häufig eher ein Symptom und nicht die Ursache von Paarbeziehungen.. Der Appell an den Partner, „nun rede doch mal“, ist dann genauso unsinnig wie die Aufforderung, „nun hör mal auf zu husten“, wenn der Partner eine ordentliche Bronchitis hat.

Husten ist ein Symptom für eine Krankheit, die mit Medikamenten und Bettruhe behandelt werden kann. Nach einiger Zeit hört der Husten von ganz alleine auf.

Aber wofür ist das Schweigen eines oder beider Partner ein Symptom?

Erklärungsversuche für das Schweigen

Paare, bei denen Schweigen zum Problem geworden ist, suchen nach Gründen - Erklärungen, warum sie sich anschweigen. Dann kommen häufig folgende Erklärungsversuche:

  • Er oder sie ist eben so (das Schweigen wird der Persönlichkeit zugeordnet und evtl. akzeptiert)
  • Er oder sie hat zur Zeit viel Stress (es liegen problematische Umstände vor)
  • Irgendwann vergeht die Liebe halt (Abnutzungstheorie)
  • Wir passen halt irgendwie doch nicht zusammen (Passungs-Problem)
  • Der Partner versteht mich einfach nicht (Kommunikationsproblem)
  • Ich habe mich getäuscht, er oder sie ist doch nicht so tiefgründig, wie ich dachte
  • Er oder sie hat eine andere Beziehung

Daneben gibt es noch unzählige weitere Erklärungsversuche. Die gewählte Erklärung hat unweigerlich Auswirkung darauf, wie sich die Partner zueinander verhalten. Manche Erklärungen wirken entschuldigend und tragen zur Stabilisierung der Beziehung bei („Es ist eben seine / ihre Charaktereigenschaft“). Andere Erklärungen können (unbewusst) gewählt werden, um eine Trennung unausweichlich erscheinen zu lassen („Wir passen einfach nicht zusammen“).

Das Phasenmodell der Liebe

Um das Schweigen in einer Paarbeziehung besser verstehen zu können, kann das Phasenmodell der Liebe hilfreich sein.

In der erste Phase der Verliebtheit, geben sich die Partner Energie. Mit dem Partner sind dann oft längst ersehnte Lebensperspektiven möglich. Mit ihm fühlt man sich stark, weil man spürt, dass er/sie einem guttut und hilft, eigene Ängste, Hemmungen und Verdrängtes zu überwinden. Man fühlt sich verstanden und angenommen.

Plötzlich werden die eigenen positiven Seiten sichtbar und man selbst entdeckt, was in einem steckt. Viele Verliebte treffen deshalb längst anstehende Entscheidungen, die sie sich bisher aber nicht zugetraut haben: Ortswechsel, Berufswechsel, Distanz zu einengenden Familienbeziehungen, Suchtverhalten …

Sie suchen das Gemeinsame, gehen liebevoll aufeinander ein und stellen gerne eigene Wünsche und Interessen um der Beziehung willen zurück. Aus der Verliebtheit kann ein gemeinsames Leben werden. Beide haben dann den Wunsch, sich eine gemeinsame Welt aufzubauen.

Alltagsprobleme werden durch Gespräche gelöst. Das Vertrauen ineinander wächst und die Erwartungen und Wünsche, die man an den Partner hat, scheinen sich zu verwirklichen, denn beide nehmen viel Rücksicht aufeinander.

Nichts bleibt wie es ist, wir verändern uns ständig. Im Laufe der Jahre merken beide (oder zumindest ein Partner) oft eine Veränderung: Es fällt schwerer, die eigenen Erwartungen an die Beziehung und die Erwartungen des Partners in Einklang zu bringen. Zum Beispiel ist es dann häufig so, dass einer oder beide in der Partnerschaft die (unausgesprochene, unreflektierte, unbewusste) Erwartung haben, dass alles so bleibt, wie es ist: die eigene liebevolle Aufmerksamkeit für den Partner, das Verständnis für die Vorlieben und Schwächen, die Intensität des Sex. Konflikte werden eher weniger, da man sich ja besser kennt. Lösungen lassen sich ohne großes Reden „selbstverständlich“ finden.

Oder einer bzw. beide Partner haben die Erwartung, den Partner zu dessen eigenem Vorteil verändern zu können. Es besteht die Bereitschaft, viele Eigenarten und Charakterschwächen hinzunehmen, wenn sichtbar wird, dass der Partner sich in bestimmten Punkten ändert. Wichtig ist dabei das verständnisvolle Gespräch miteinander, das vieles lösen kann.

Im Laufe einer Beziehung erkennen Paare, dass sich ihre Erwartungen nicht oder nur sehr unbefriedigend erfüllt haben. Jürg Willi nennt dies die Enttäuschungsphase einer Paarbeziehung. Typisch für diese Phase ist der Rückzug eines oder beider Partner.

„Warum ziehst du dich zurück und redest nicht?“ bzw.

„Warum nörgelst du immer an mir herum?“

Solche Sätze werden in der Partnerschaft immer häufiger – bis einer oder beide verstummen.

Gegenseitige Vorwürfe werden heftiger. Beide sind der Meinung, dass der Partner die in ihn gesetzten Erwartungen doch leicht erfüllen könnte, wenn er/sie nur wollte. Früher ging es doch auch! Das macht die Enttäuschung umso schmerzlicher.

Das kann doch keine Liebe mehr sein – oder?

Die Enttäuschungsphase ist "nur" eine Phase zur großen Liebe

Viele Paare haben Mühe damit, zu erkennen, dass die Phase der Verliebtheit nur eine Station auf dem Weg zu dauerhafter Liebe ist. Auch die Enttäuschungsphase gehört dazu. Sie ist in der Regel nicht ein Ausdruck davon, dass die Liebe verloren gegangen ist – obwohl die Paare das vielleicht so erleben mögen. Vielmehr ist eine neue Entwicklungsstufe der Beziehung eingetreten, in der sich die Anforderungen an das Paar ändern:

Die Verliebtheitsphase fördert Nähe, Zugehörigkeit und Gemeinsamkeit. In dieser Phase wird um der Partnerschaft willen viel Eigenständigkeit und Eigenleben aufgegeben – und zwar gerne.

Die Enttäuschungsphase hingegen fordert und fördert einen anderen Aspekt einer befriedigenden Partnerbeziehung: Abgrenzungen, Eigenständigkeit und Selbständigkeit.

In der Enttäuschungsphase sollte das Eigenleben jedes Einzelnen wieder stärker in die Beziehung hineingeholt werden. Die Verschiedenheiten rücken in den Vordergrund.
Dies klar anzusprechen, davor haben viele Paare Scheu. Sie fürchten, dass die Beziehung dann in die Brüche geht. Sie möchten den Partner nicht enttäuschen, indem sie klarmachen, dass sie bestimmte Erwartungen des Partners nicht erfüllen wollen oder können oder etwas Eigenes ohne den Partner tun wollen.

Das kann dazu führen, dass Wege gewählt werden, um ein offenes Gespräch zu vermeiden. Der eine zieht sich zurück und geht jedem Gespräch aus dem Wege, um sich vor den Vorwürfen des Partners zu schützen. Der andere wird immer vorsichtiger und traut sich immer weniger, etwas zu sagen.

Ab und zu kommt es zu heftigem Streit – oft um Nichtigkeiten –. Gelöst wird dabei nichts. Die Streits hören auf, weil beide zu erschöpft sind, um weiter zu streiten. Solche Streitereien sind häufig nur der Ersatz für das, was ansteht: eine klare, mit Worten ausgedrückte Positionierung der Partner. In dieser Phase, kann es auch passieren, dass einer der Partner fremdgeht, um sich das Gefühl der Verliebtheit zurückzuholen.

Die Enttäuschungsphase fordert von beiden Partnern eigene Entwicklungsschritte und den Mut eigene Grenzen anzuerkennen. Jeder sollte für sich die Frage beantworten, wo brauche ich Eigenständigkeit und Freiraum für Dinge die mir wichtig sind.

Dabei ist es wichtig, dass ihr darauf achtet, WIE ihr eure Wünsche äußert.

Was kann ich sagen und/oder tun, um den Partner für meinen Entwicklungsschritt zu gewinnen? Wie kann ich dessen Verständnis wecken? Was könnte helfen, dass der Partner meine Entscheidung besser verstehen und akzeptieren kann?

Übergang in die nächste Phase der Liebe

Wenn ihr darauf achtet, den Partner nicht vor den Kopf zu stoßen, dann ist es möglich, dass Gespräche wieder in Gang kommen und ihr in die nächste Phase der Liebe übergeht. Die Partner kommen sich wieder näher und wahre Liebe kann entstehen.

Solltet ihr Unterstützung brauchen, um wieder ins Gespräch zu kommen, dann kannst du dich gerne bei mir melden. Die Paarberatung bei mir erfolgt online via Video-Chat oder persönlich.

 

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Yvonne Dathe

Psychologin (M. Sc.) & Dipl. Betriebswirtin

Lösungsorientierte Einzel- und Paarberaterin

Dornierstr. 4
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Mobil: 0176 52824158
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